Mit dem Bau einer eSport-Multifunktionsarena im Hong Kong Cyberport will die Metropole an der schnell wachsenden Industrie partizipieren.
Laute Bässe, helle Gasfackeln und eine jugendliche Menge bestimmen die Szenerie im Spodek Stadion in der südpolnischen Stadt Katowice, wenn über 173.000 Fans hier für mehr als zehn Tage zur Intel Extreme Masters zusammenkommen. Bei dem Event mit Rockstar Atmosphäre sind zudem 46 Millionen Menschen online dabei. Solche Zahlen erklären den Wettbewerb um die Entwicklung von Anlagen für den sportlichen Wettkampf per Computerspiel.
Um mit Events wie dem in Polen, weltweit der größte eSports Einzelwettkampf, konkurrieren zu können, will Hongkong noch in diesem Jahr mit der Konstruktion einer Multifunktionsarena im Hong Kong Cyberport beginnen. Derzeit noch in der Designphase, soll die rund 2.800 Quadratmeter große Anlage nach der Fertigstellung lokale und regionale Wettbewerbe, Trainingsmöglichkeiten, Produktionsstudios für die Content-Entwicklung und eine Zone für Start-ups beherbergen. Die eSport-Mischanlage soll weltweit die erste ihrer Art sein und sie ist ein Baustein, sich ein Standbein im Bereich einer der international am schnellsten wachsenden Freizeitaktivitäten zu schaffen.
Die Anlage wird den Namen AOE (Area of Effect) erhalten, ein Begriff aus der Gamingwelt. Finanziert wird das Cyberport-Venture von Yes Media (Hong Kong) und privaten Investoren, so Lloyd Chao. Der President von Yes Media Chao ist bekannter Produzent für Film und Fernsehen in Hongkong und Los Angeles. „Yes Media ist als panasiatische eSports-Plattform aufgestellt. Es umfasst Veranstaltungsorte, die durch ein geschütztes Glasfasernetz verbunden sind, um die benötigte Konnektivität zu garantieren, und ein Televisions und Streaming Produktionscenter für lokale eSports Inhalte,“ so Chao. „Hongkong ist unser Zuhause und die Basis, von der aus wir die Entwicklung anderer asiatischer Märkte starten.“
Yes Media fertige Inhalte für die Online-Distribution auf den Philippinen, aber der Mangel an entsprechenden Veranstaltungsorten, Televisions-Berichterstattung, Sponsorship und Finanzmitteln hätten die mögliche Entwicklung des eSport verzögert. Gegründet wurde das Unternehmen 2003 vom früheren Investmentbanker Tom Kressner. Er experimentierte seit Mitte der 1990 Jahre mit Inhalten, die über das Internet geliefert werden. Zunächst baute die Firma das ASN-Sports Illustrated Asia Netzwerk auf, das Sport aus Nordamerika über Kabel-TV in zehn asiatische Märkte überträgt und eine potentielle Zuschauerzahl von 29 Millionen Menschen hat. „Die Berechtigung von eSport als seriöser Sport wurde bei einem Wettbewerb vor den Olympischen Winterspielen in Korea deutlich,“ so Kressner. „Das mögliche wirtschaftliche Potential dieser schon bald mehrere Milliarden USD umfassenden Industrie wird hoch sein, speziell in Asien,“ prognostiziert er.
Zukunftsspaß
Mehrere Studien weisen darauf hin, dass eSport weiterhin schnell wächst. So erwartet das NewZoo Forschungsinstitut, dass die Umsätze mit eSport von 493 Millionen USD im Jahr 2016 auf 1,5 Milliarden USD in 2020 steigen können. Bei den Intel Extreme Masters in Polen spielen die Teams bereits heute um zwei Millionen USD Preisgelder vor über 11.500 Menschen in jeder Session. Die Marktforschungsfirma Superdata aus New York geht sogar davon aus, dass eSport schon in diesem Jahr eine 1 Milliarde USD schwere Industrie werden kann und im kommenden Jahr global 303 Millionen Zuschauer erreicht. Eine PwC-Studie sieht 51 Prozent dieses Marktes in der Asien-Pazifik-Region.
Heimisches Team
Hongkong will sich eine Rolle in der aufkommenden Industrie sichern. Bei der Bekanntgabe des 2017-2018 Budgets zeigte sich der Hong Kong Financial Secretary Paul Chan überzeugt, dass eSport dabei helfen könne, die lokale Gaming-Industrie und die Entwicklung der Informationstechnologie anzukurbeln. Dafür hat die Hongkonger Regierung für Cyberport 100 Millionen HKD (rund 10 Millionen EUR) zur Verfügung gestellt.
Mit dem Angebot von Spielorten agiert Cyberport als Inkubator für Talente aus der Gruppe der mehr als 300.000 Menschen umfassenden Gaming-Community der Metropole und als Unterstützer der Industrie. „Mit der soliden Infrastruktur und der professionellen Unterstützung von wichtigen Partnern aus dieser Industrie sind wir zuversichtlich, dass unsere Aktivitäten hier viel Interesse wecken. Sie werden zudem Jobs für junge Talente aus dem eSport-Sektor und dessen Entwicklungsindustrie schaffen sowie langfristig sozioökonomischen Wert für Hongkong,“ so Herman Lam, Chief Executive von Cyberport.
Dazu dienen auch Events wie das ICBC (Asia) eSports and Music Festival Hong Kong, das im letzten August im Hong Kong Coliseum durchgeführt wurde. Rund 50.000 Menschen nahmen daran teil.
Unterstützung durch große Marken
Aries Sze, Country Manager (Hong Kong and Macau) von Logitech, betonte beim HKTDC Entrepreneurship Workshop im Januar, dass sein Unternehmen ein noch fehlendes Element für den Aufbau einer florierenden eSports-Industrie beitrage. „Wir fördern diese Industrie insgesamt, helfen aber auch einzelnen Spielern, die die Unterstützung einer großen Marke brauchen.“ Nach seiner Aussage investiert Logitech seit fünf Jahren in eSports, aber es bleibe noch viel zu tun. Events wie der HKTDC Workshop verbinden die Menschen, so Sze, und stellen die Chancen heraus. „Generell waren die Leute nicht besonders informiert über eSports. Die meisten stellen sich darunter das Spielen von Videospielen vor, aber es ist viel mehr als das.“
In weiter entwickelten Märkten wie Taiwan, auf dem chinesischen Festland und in Südkorea spielen bereits Hunderte Millionen Menschen, es gibt Serien mit mehreren Millionen Dollar sowie professionelle Spieler und Markensponsoren. Als wichtiger Termin gilt 2022, dann gibt es erstmals Medaillen für eSports bei den Asian Games in Hangzhou. Eine große Attraktion für die dann wohl 560 Millionen Spieler auf dem chinesischen Festland.
Vom Spiel zur Industrie
Hongkong ist noch in der Anfangsphase der Entwicklung seiner eSports-Industrie und der Fokus liegt hier darauf, das wettbewerbsorientierte Gaming zu professionalisieren. Dazu werden auch die Cyberport Gaming-Arena und die Unterstützung durch Organisationen wie das Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) und das Hong Kong Tourism Board (HKTB) beitragen. „Wie in Südkorea und auf dem chinesischen Festland hat die Hongkonger Regierung einen kühnen Schritt gemacht, um eSports zum Weg zur Entwicklung einer Industrie rund um die Millennials zu machen,“ so Chao. Die ältere Generation sehe das vielleicht etwas anders, aber die Unterstützung durch die Regierung sei wesentlich, um etwas zu einer robusten Industrie zu transformieren, das zunächst oft als ungehörige Spielerei gesehen wurde. Die Voraussetzungen hierfür seien in Hongkong ideal.
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