Engagierte Bürger der Stadt Yichang befreien „ihren“ Jangtse regelmäßig und freiwillig von Unrat.
Eine Einzelner hat angefangen. Mittlerweile haben mehr als 50.000 Bürger Yichangs in China die Flussufer des Jangtse von gut 1000 Tonnen Müll befreit.
Li Nianbang ist ein ganz normaler Friseur in der Vier-Millionen-Stadt Yichang. Sie liegt an Chinas längstem Fluss, dem Jangtse, in der Provinz Hubei im Landesinneren. Vor einigen Jahren, 2015, beeindruckte ihn bei der morgendlichen Zeitungslektüre eine Geschichte aus dem Ausland. Ein Junge hatte angefangen, das Flussufer in seiner Heimatstadt zu säubern. Freiwillig. Li Nianbang beschloss, dem Bespiel zu folgen und selbst etwas für die Sauberkeit „seines“ Jangtse zu tun – genauso wie er sich jeden Tag für schöne Frisuren seiner Kunden einsetzt. Und, ganz nebenbei, um seinem Sohn ein Vorbild zu sein.
Am nächsten Morgen, früh um sechs, sah man ihn mit fescher Frisur, modischen Sneakers und dicken Handschuhen am Fluss. Wo er im Uferschlamm Müll aufsammelte und wegbrachte. Nach einer Stunde machte ihm der Anblick des nicht enden wollenden Ufers deutlich, dass sein persönlicher Beitrag recht bescheiden ausfallen würde.
Wie Ameisen: Klein, aber als Gemeinschaft stark
Fünf Monate später ist Li beim Müllsammeln längst nicht mehr allein. Die Bürger, die sich ihm angeschlossen haben, teilen mit ihm nicht nur ein Verantwortungsbewusstsein für ihre Umwelt. Sondern auch das Gefühl, wie Ameisen zu sein: Jeder für sich klein und schwach, aber als Gemeinschaft stark. Deshalb gaben sie sich den Namen „Drei-Schluchten-Ameisen“. An Wochenenden und Feiertagen sieht man in Yichang seither hundert und mehr Freiwillige das Flussufer von Müll befreien. Zahllose Unterstützer spenden der Initiative Müllbeutel, Handschuhe, Masken und mehr. Über einen Zeitraum von fünf Jahren haben mittlerweile mehr als 50.000 „Drei-Schluchten-Ameisen“ gut 1000 Tonnen Müll entlang des Jangtse aufgesammelt.
Nach seinem wichtigsten Ziel befragt, antwortet Li nachdenklich. Die Bewohner von Yichang sollen das Resultat der Bemühungen sehen, meint er. Und schätzen lernen. Dann würden sie vielleicht nicht mehr so leichtfertig mit ihrem Müll umgehen.
Sichtbare Erfolge und landesweite Anerkennung
Bei den kommunalen Stellen der Stadt hat Freiwilligenarbeit Tradition. Ämter und Behörden organisieren regelmäßig Teilnehmer für die Aufräumarbeiten. Für die Schulen ist die Beteiligung eine Form des praktischen Sozialkundeunterrichts. Das Umweltbewusstsein in Yichang ist mittlerweile so deutlich gestiegen, dass die Stadt nicht nur sauber und aufgeräumt, sondern auch landesweit für ihren Erfolg anerkannt ist.
Mit Genugtuung kann Li heute feststellen, dass das Müllaufkommen merklich zurückgegangen ist. Nach wie vor bringt die Flut neuen Unrat heran. Deshalb werden die „Ameisen“ nach wie vor bei Ebbe aktiv. Noch 2017 haben hundert Freiwillige im Laufe eines Vormittags zwei bis drei, manchmal auch vier bis fünf Tonnen Müll zusammengetragen. Seit 2020 ist die Menge dank gestiegenen Umweltbewusstseins deutlich zurückgegangen. Heute kommt an einem Vormittag höchstens einmal eine Tonnen zusammen – außerhalb der Stadt vielleicht auch ein wenig mehr.
Betriebe geschlossen, modernisiert oder verlagert
Die Flusslandschaft in und um Yichang einschließlich der berühmten drei Schluchten ist reizvoll und empfindlich zugleich. Insgesamt sind es 232 Uferkilometer, die dem besonderen Schutz der Stadt anvertraut sind. Um das ökologische Gleichgewicht in diesem Bereich des Jangtse zu stabilisieren, wurden in den vergangenen vier Jahren 134 chemische Betriebe geschlossen, modernisiert oder verlagert oder die Produktion umgestaltet.
Seit 2020 ist die natürliche Uferlandschaft entlang des Jangtse wieder intakt. Illegalen Docks wurde der Kampf angesagt, kleine Sandbaggerschiffe in Ordnung gebracht und die Fischzucht in Käfigen in den Talsperren komplett verboten. Darüber hinaus hat die Stadt ein striktes Fischverbot umgesetzt, wobei viele Fischerboote bereits fünf Monate vor Termin an Land gebracht und abgewrackt wurden.
Die „lächelnden Engel“ sind zurückgekehrt
Die Bemühungen der Bürger Yichangs zum Schutz des Jangtse tragen Früchte. Fischarten, die seit Jahren verschwunden waren, sind zurückgekehrt. Kürzlich sorgte eine Serie von Fotos, die Mutter und Baby einer seltenen Walart im Jangtse zeigen, in den sozialen Medien in und um Yichang für Aufsehen. Der flossenlose Schweinswal, im Volksmund „Lächelnder Engel“ genannt, ist Leitbild für das empfindliche Ökosystem des Jangtse. Im Februar 2021 wurde er zusammen mit 64 weiteren von der zweiten in die oberste Kategorie geschützter Arten in China eingeordnet.
Yang He, 63, ist Fotograf. Entlang des Jangtse findet er oft reizvolle Motive. 2014 fotografierte er dort zum ersten Mal einen flossenlosen Schweinswal, damals ein extrem seltener Anblick. Aber seit Oktober 2019 hat er die „Lächelnden Engel“ schon oft beim Schwimmen oder Wellenreiten vor die Linse bekommen.
Heute haben sich mindestens zwei Schweinswal-Familien im Jangtse bei Yichang angesiedelt. Mitte dieses Jahres wurde das erste Walkalb geboren. Die örtliche Fischereiaufsicht geht von insgesamt 17 Schweinswalen in diesem Flussabschnitt aus. Vor 2015 waren es noch zwei bis drei.
Yichang ist eine Stadt im Westen Chinas in der chinesischen Provinz Hubei. Sie liegt am Fluss Yangtse und hat über vier Millionen Einwohnern.
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Bildquelle: Deng Huali