Worauf Azubis achten sollten, damit der Ausbildungsstart gelingt
Im Spätsommer beginnen viele Jugendliche ihre Berufsausbildung. Damit der Start in diese spannende neue Lebensphase glückt, sollten die Auszubildenden ihre Rechte und Pflichten kennen. Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, erklärt unter anderem, ob sie ein Recht auf Mindestlohn haben und was unbedingt im Ausbildungsvertrag stehen sollte.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre
Wer in sein erstes Ausbildungsjahr startet, sollte zu Beginn meist nicht mit einem besonders hohen Gehalt rechnen. Je nach Branche, Region und eventuell vorhandenem Tarifvertrag können sich die Beträge stark unterscheiden. „Seit Januar 2020 gibt es auch für Auszubildende in allen Betrieben ohne Tarifbindung einen Mindestlohn“, erläutert Michaela Rassat. Genauso wie beim Mindestlohn für Arbeitnehmer ist der Betrag seitdem jedes Jahr gestiegen. „Wer Anspruch auf Mindestlohn hat und in diesem Jahr seine Ausbildung startet, erhält ein monatliches Gehalt von mindestens 585 Euro im ersten Lehrjahr“, so Rassat. Im zweiten Ausbildungsjahr liegt es dann bei 690 Euro, im dritten bei 790 Euro und im vierten bei 819 Euro. Tarifverträge können jedoch abweichende Regelungen enthalten.
Arbeitsvertrag genau prüfen
Trudelt die Zusage für einen Ausbildungsplatz ein, ist die Freude meist groß. „Doch vor der Unterschrift sollten Auszubildende ihren Vertrag gründlich prüfen“, rät die ERGO Juristin. „Denn nicht alles, was Arbeitgeber hier festlegen, ist auch rechtlich gültig. Beispielsweise muss der Abschluss des Ausbildungsvertrags zwingend schriftlich erfolgen.“ Außerdem sind unter anderem folgende Inhalte als Mindestanforderungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) Pflicht: Vertragspartner, Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung, die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll, Beginn und Dauer, Ausbildungsstätte, tägliche Arbeitszeit, Dauer der Probezeit, Höhe und Zusammensetzung der Vergütung, Dauer des Urlaubs sowie Voraussetzungen für eine Kündigung. Unzulässig sind dagegen Inhalte wie unter anderem die Zahlung einer Ausbildungsentschädigung oder Vereinbarungen von Vertragsstrafen. Nicht erlaubt ist auch die Verpflichtung zum Verbleib im Betrieb nach der Ausbildung.
Überstunden nur als Ausnahme
Vor allem wenn die Kollegen im Unternehmen öfter mal länger bleiben, fühlen sich manche Azubis verpflichtet, ebenfalls Überstunden zu machen. „Ob sie dies dürfen, hängt jedoch von ihrem Alter ab“, erklärt die Rechtsexpertin. Für volljährige Azubis gilt wie für alle anderen Arbeitnehmer das Arbeitszeitgesetz. „Überstunden sind also grundsätzlich möglich. Während der Ausbildung sollten sie jedoch die Ausnahme bleiben“, so Rassat. Zudem muss ein Ausgleich in Form von Geld oder Freizeit stattfinden. Tarifverträge können für Azubis besondere Regelungen treffen.
Sonderregelungen für minderjährige Azubis
Für minderjährige Auszubildende gelten bestimmte Sonderregelungen, da sie dem Jugendarbeitsschutzgesetz unterliegen. „Wer unter 18 ist, darf beispielsweise nicht mehr als maximal 40 Stunden pro Woche beziehungsweise acht Stunden am Tag arbeiten“, erläutert die ERGO Juristin. Zum Vergleich: Auch Erwachsene dürfen höchstens acht Stunden am Tag arbeiten. Allerdings können sie ihre Arbeitszeit auf zehn Stunden am Tag verlängern, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag nicht überschritten werden. Zusätzlich müssen sich minderjährige Azubis vorab einem Gesundheitscheck beim Arzt unterziehen. Dieser stellt fest, ob sie körperlich und gesundheitlich für die Ausbildung geeignet sind.
Probezeit: maximal vier Monate
Während bei einem normalen Anstellungsverhältnis die Probezeit auch mal ein halbes Jahr dauern kann, ist dies in der Ausbildung strenger geregelt. „Die Probezeit ist obligatorisch und darf in der Ausbildung nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als vier Monate betragen“, erklärt Rassat. Allerdings ist eine Verlängerung möglich, wenn besondere Umstände vorliegen. Dazu zählt beispielsweise ein längerer krankheitsbedingter Ausfall des Auszubildenden.
Pflichten und ihre Grenzen
Neben besonderen Rechten, die ausschließlich für Auszubildende gelten, haben die Berufsanfänger allerdings auch Pflichten, an die sie sich halten müssen. So sind sie beispielsweise verpflichtet, die geltenden Betriebs- oder Kleiderordnungen einzuhalten sowie die Anweisungen des Ausbildenden zu befolgen und sorgfältig auszuführen. Allerdings schließt das nicht jede Aufgabe mit ein. „Tätigkeiten, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben, müssen Azubis nicht übernehmen. Wer beispielsweise eine Malerausbildung macht, muss nicht die Büroräume putzen, wenn die Reinigungskraft krank ist“, erläutert die Juristin von ERGO.
Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten
Besonders für Auszubildende, die nicht bei ihren Eltern wohnen, kann das Ausbildungsgehalt sehr knapp sein. „In solchen Fällen haben Berufsanfänger die Möglichkeit, Sozialleistungen wie die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) zu beantragen“, so Rassat. Voraussetzung: sie erlernen einen anerkannten Ausbildungsberuf und wohnen in einer eigenen Wohnung.
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