Von Ronald Bankowsky, Gründer und Geschäftsführer fast2work
Mobilitätswende, Fahrradland, Nationaler Radverkehrsplan – diese Schlagwörter fallen, wenn es um die Mikromobilität der Zukunft geht. Doch leider bleibt es vielerorts bei leeren Phrasen, die Entwicklungen gehen viel zu schleppend voran. Denn wenn Bund, Länder und Gemeinden nicht ab jetzt kontinuierlich Geld in die Hand nehmen, um mutig neue Verkehrspläne zu realisieren und somit die Weichen zu stellen, dann bleibt von der der Verkehrswende nur die Absichtserklärung.
Die Regierung unter Angela Merkel hat den ehrgeizigen Entschluss gefasst, Deutschland bis 2030 zu einem Fahrradland zu machen. Die Ampelkoalition setzt dieses Vorhaben fort, und durch die Regierungsbeteiligung der Grünen waren die Hoffnungen groß, dass es gelingt. Zunächst sah es auch so aus: 750 Millionen Euro standen 2022 für die Förderung des Radverkehrs zur Verfügung, so viel wie niemals zuvor. Nun wurde der Bundeshaushalt für 2023 beschlossen und die Mittel auf 560 Millionen Euro reduziert. Vollkommen unverständlich, da die Verkehrsminister noch im Mai den Bund aufforderten, die Förderprogramme auf eine Milliarde Euro bis mindestens 2030 zu erhöhen, um die Klimaziele zu erreichen. Zudem sind die Baukosten für die Verkehrsinfrastruktur bereits 2022 um 17 Prozent gestiegen. Warum also dieser Rückschritt?
Dass das Budget vorne und hinten nicht reicht, ist bereits jetzt zu spüren. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann musste etwa im November eingestehen, dass sein Mobilitätskonzept in seiner ursprünglichen Form nicht zu realisieren ist. Das große Ziel war es, den CO2-Ausstoß bis zum Schicksalsjahr 2030 um 55 Prozent zu verringern, zuletzt wurde aber sogar wieder ein Anstieg der Emissionen registriert. Zudem wollte der Grünen-Politiker den Autoverkehr um ein Fünftel senken und dafür Sorge tragen, dass bis 2030 jedes zweite Auto in seinem Bundesland klimaneutral fährt. 120 Millionen Euro pro Jahr wären dafür nötig – Geld, das Hermann nicht zur Verfügung steht, genauso wenig wie die Unterstützung seiner Koalitionspartner.
Weitreichende Veränderungen wie die Verkehrswende lassen sich nicht über Nacht erreichen. Allerdings ist der Klimawandel kein neues Phänomen, und die notwendigen Maßnahmen hätten schon lange vor dem Nationalen Radverkehrsplan in Angriff genommen werden können. Vielversprechende Ansätze gab es auch: Zum Beispiel in Bremen, wo die Grünen seit 2007 an der Regierung beteiligt sind. In diesen 16 Jahren wurde viel beschlossen, doch passiert ist sehr wenig. 2014 hatten sich die Verantwortlichen auf den Verkehrsentwicklungsplan 2025 geeinigt. Das Radwegenetz und sogenannte Fahrradpremiumrouten sollten ausgebaut werden, sogar Fahrradbrücken waren geplant. Der Fortschritt bei den Fahrradwegen ist bis heute kaum zu spüren, von den Brücken fehlt noch jede Spur. 2023 soll der Bau der ersten Fahrradbrücke über die Weser beginnen. Soll.
Was die Politik nicht schafft, müssen dann halt die Bürger in die Hand nehmen – was keine Aufforderung sein soll, sich irgendwo festzukleben. Ein positives Beispiel ist die Bürgerinitiative RingFrei, die 2015 in Köln ins Leben gerufen wurde. Mit einem Zehn-Punkte-Plan haben sich die Mitglieder vorgenommen, die Kölner Ringe, die die Altstadt umschließen, sicherer und fahrradfreundlicher zu gestalten. Etliche Teilerfolge konnten sie so in den letzten Jahren erringen: Die sogenannte Nutzungspflicht, bei der Radler die auf Gehwegen verlaufenden Radwege nutzen müssen, wurde auf den Ringen fast vollständig abgeschafft. Dafür entstanden zahlreiche neue, breite Radfahrstreifen. Auch eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h wurde an vielen Stellen eingeführt. 2019 wurde die Initiative sogar mit dem Deutschen Fahrradpreis gewürdigt.
RingFrei war so engagiert, dass die Politik tatsächlich Mittel in beträchtlichem Maß freigemacht hat: Ganze Straßenzüge wurden umgestaltet, die Fahrbahnen verändert, neue Parkmöglichkeiten geschaffen. Wo der Verkehrsfluss verändert wird, muss die Verkehrsregelung – sprich: Ampeln – angepasst werden. Und natürlich müssen neue und ältere Strecken auch erhalten und gewartet werden. All das kostet Geld. Im Fall von RingFrei überzeugten die Pläne erst die Bezirksvertretung und später den Verkehrsausschuss. Wobei solche Maßnahmen auch nur der Anfang sein sollten. Beleuchtete oder überdachte Fahrradwege, wie sie zum Beispiel in Norwegen verbreitet sind, sind hier noch Zukunftsmusik. Ob wir sowas je auf deutschen Straßen sehen, bleibt abzuwarten.
Die Verkehrswende gehört zu den größten und wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Wir halten mit unserer Initiative SteigUm.de weiterhin daran fest, bis 2030 vier Millionen mehr Radfahrer auf die Straßen bringen zu wollen. Doch bei aller Fahrradbegeisterung ist dafür auch die Unterstützung der Regierung nötig. Länder wie die Niederlande oder Norwegen können sich bereits zu Recht als Fahrradländer bezeichnen, wir sind davon jedoch noch weit entfernt. Es geht um ein Ziel, das nicht nur für uns wichtig ist, sondern vor allem auch für nachfolgende Generationen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Politiker nicht in die für sie typischen Diskussionen und Machtspielchen verstricken, sondern pragmatisch die nötigen Mittel bereitstellen. Der beste Zeitpunkt zum Handeln liegt schon viele Jahre zurück. Der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt.
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Über die fast2work GmbH
Die Oldenburger fast2work GmbH wurde 2021 von Ronald Bankowsky und Michael Ross gegründet. Das Unternehmen betreibt die Webseite SteigUm.de, mit der mögliche Kosteneinsparungen zwischen Fahrrad und Auto visualisiert werden. Zum Portfolio gehört auch die Biketour.Guide-App, die individuelle Fahrradrouten ausarbeitet und Points of Interest an der Strecke anzeigt und erklärt. Die App bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Kundenbindung zu stärken. Die fast2work GmbH möchte damit mehr Menschen motivieren, ihr Fahrverhalten für eine nachhaltige Zukunft zu ändern. Dafür benutzt das Unternehmen den Claim „Because it’s the right thing to do“.
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