Millionen Bundesbürger haben einen Schwerbehindertenausweis.
Und doch erreichen die Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“ immer öfter Nachrichten von unzufriedenen Hilfesuchenden, die sich von ihrem Versorgungsamt nicht adäquat eingestuft sehen: „Leider sind die Erwartungen vieler Menschen mit Handicap zu hoch, wenn es um die Vorstellungen über Ansprüche und Nachteilsausgleiche geht“, erklärt der Psychologische Berater Dennis Riehle in einem aktuellen Statement zu den eingehenden Mails, in denen die Betroffenen um Unterstützung bitten. „Es ist ja durchaus verständlich, dass man für sich das Bestmögliche herausholen möchte. Allerdings darf man den eigenen Fall nicht isoliert betrachten, es braucht schlussendlich auch Vergleichbarkeit nach oben und nach unten. Würden wir jede behinderte Person mit dem absolut höchsten Grad der Behinderung von 100 einstufen, wäre das ungerecht. Genau deshalb muss sich jeder Antragsteller fragen, wo er objektiv eingeordnet werden müsste, damit auch alle Anderen eine adäquate Klassifizierung erhalten“, meint Riehle. Zweifelsohne gebe es Fehler bei der Beurteilung, doch nicht immer seien dafür die bewertenden Amtsärzte in den Kommunalbehörden verantwortlich, für deren Situation der Sozialberater Verständnis zeigt.
„Behinderte Menschen haben ein Mitwirkungsrecht und gleichsam die Pflicht, die Stadt- oder Kreisverwaltung bei der Feststellung eines angemessenen Behindertengrades und eventueller Merkzeichen zu begleiten. Dazu gehört die ordnungsgemäße Beifügung umfassender ärztlicher Bescheinigungen und lückenloser Krankenakten, die ein möglichst breites Bild vorliegender Funktions- und Gesundheitsstörungen ermöglichen“, führt der 37-Jährige aus. „Nicht selten scheitert eine sachgerechte Normierung bereits an nicht hinreichend gesicherten Diagnosen und einer mangelhaften Attestierung der Beeinträchtigungen, anhand derer das Ausmaß einer Behinderung festgelegt werden kann. Schließlich soll eine anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft eine verhältnismäßige und gleichsam abgestufte Festhaltung von benachteiligenden Gesundheitsproblemen sein, die nicht nur subjektiv an Teilhabe im alltäglichen Leben hindern. Insofern müssen sich Fälle vergleichen und fair zueinander in Proportion stellen lassen“, so Riehle.
In der Sozialberatung wolle man für diesen Umstand sensibilisieren: „Natürlich kann ich verstehen, dass viele Betroffene zunächst einmal enttäuscht sind, wenn der Bescheid des Amtes nicht so ausgefallen ist, wie man sich dies vielleicht erhofft hat. Aber dann stehen wir gerne zur Verfügung, um zu klären, welche Ursachen das Ergebnis haben könnte: Beruhten die Vorstellungen vielleicht auf falschen Informationen? Sind die ärztlichen Bescheinigungen in ihrer Formulierung unklar gewesen? Ist der Betroffene bei seinen eigenen Recherchen von unkorrekten Voraussetzungen und Annahmen ausgegangen? Oder gibt es vielleicht doch einen Mängel in der Arbeit des Versorgungsamtes, der einen Widerspruch rechtfertigen würde? Wir leisten keine Rechtsdienstleistung, sondern geben den Anfragenden eine allgemeine Sozialgesetzaufklärung, damit sie eine erste Orientierung haben, wie sie weiter vorgehen sollen. Nicht selten werden Einzel-GdB verschiedener Erkrankungen durch die Betroffenen einfach zusammengezählt. Das ist jedoch unzulässig – und dann scheint es kein Wunder, dass sie zu einem anderen Resultat als in dem Bescheid kommen!“.
Riehle macht nochmals deutlich: „Der letztendliche Gesamt-GdB (Grad der Behinderung) soll ein umfängliches Abbild über alle Krankheitsbilder des Betroffenen sein, die ihn in der geistigen, psychischen und körperlichen Funktion wechselseitig und gesamt beeinträchtigen oder von gesellschaftlicher, beruflicher oder familiärer Partizipation abhalten. Ihr Zweck ist es dabei eben nicht, verschiedene Behinderungen aufzusummieren, sondern in einen kompletten Eindruck zusammenzufügen, der dabei auch würdigt, welche Fertigkeiten und Kompetenzen noch vorhanden und intakt sind. Insofern handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die man nicht mit der Behinderung eines Anderen gewichten kann. Nur, weil Person X dieselben Erkrankungen wie Person Y hat, erhält sie nicht automatisch den gleichen Grad der Behinderung“, erklärt Riehle, der anfügt: „Damit würde man dem individuellen Charakter einer jeden Beeinträchtigung nicht gerecht werden. Deshalb ist es gut, sich nicht voreilig schlechter gestellt zu sehen!“.
Die Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“ ist bundesweit kostenlos für jeden Hilfesuchenden mit und ohne Behinderung unter der Webadresse www.beratung-mit-handicap.de erreichbar. Der Datenschutz und die Verschwiegenheit werden hierbei gewährleistet. Es findet lediglich eine allgemeine Sozialgesetzaufklärung statt, tiefergehende Einzelfallbewertungen sind Anwälten vorbehalten.
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Ehrenamtliches Büro für Öffentlichkeitsarbeit – Dennis Riehle
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