Eltern von behinderten Töchtern oder Söhnen erhalten auch bei Erreichen der Altershöchstgrenzen Kindergeld bis ins Erwachsenenalter, wenn das Kind nicht in der Lage ist, aufgrund seiner noch im Jugendalter eingetretenen Behinderung nicht für den eigenen Unterhalt durch Erwerbsarbeit ausreichend zu sorgen. Sobald die Eltern aber verstorben sind, entfällt auch die Kindergeldzahlung, weil der jeweilige Bezug nicht auf die betroffenen Kinder übertragen wird. Diesen Umstand kritisiert der Sozialberater der Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“, Dennis Riehle (Konstanz), in einer aktuellen Aussendung ausdrücklich. Immerhin bleibe der Mehrbedarf aufgrund der Behinderung bestehen, auch wenn die Eltern als Empfänger des Kindergeldes nicht mehr existieren. „Und allein mit der Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Eingliederungshilfe, Nachteilsausgleichen und möglichen Pflegeleistungen ist eine konstante Existenzsicherung gerade in Zeiten der Inflation und Teuerung nicht möglich. Das machen Beispiele der bei uns eingehenden Erfahrungsberichte jeden Tag neu deutlich“, so der 37-Jährige.
Langfristig sei nach Ansicht Riehles aber eine Zusammenführung der vielen Einzelleistungen für Menschen mit Handicap zu einem sogenannten „Nationalen Behindertengeld“ als Alternative anzudenken: „Es ist weder gerecht und zielführend, wenn in den Bundesländern unterschiedlich hohe Pauschalbeträge nach jeweils völlig verschiedenen Voraussetzungen an behinderte Personen gezahlt werden. Noch ist der Blumenstrauß an den Leistungen für diesen Betroffenenkreis in irgendeiner Weise transparent und für gehandicapte Menschen kaum nachvollziehbar. Die Vielzahl der in Frage kommenden Kostenträger und die Festschreibung der Rechte von Behinderten in den diversen Paragrafen und Gesetzesbüchern ist selbst für Experten wie mich kaum noch zu durchblicken. Damit gehen Betroffenen nicht selten aus Unkenntnis über ihre Ansprüche Leistungen verloren und eine Vergleichbarkeit zur Einhaltung der Rechtseinheit, die allen Behinderten die für ihre passende Lebenssituation bestmögliche Unterstützung zusichert, kann nicht gewährleistet werden. Deshalb braucht es mehr Übersichtlichkeit und Plausibilität“.
Der Psychologische Berater befürwortet ein nach dem Grad der Behinderung und den zuerkannten Merkzeichen abgestuftes Behindertengeld, verbindlich und einheitlich über das Bundesgebiet: „Hierdurch könnten Rechtssicherheit, eine Entbürokratisierung und eine Bündelung finanzieller Maßnahmen als Ausgleich für besondere Aufwände, welche jeder Behinderte im täglichen Leben zu erbringen hat, erreicht sein. Gleichzeitig würde in Anlehnung an den Grundgedanken des ‚Persönlichen Budgets‘ Selbstbestimmung gestärkt und eigenverantwortliche Gestaltung der Partizipationsmöglichkeiten in der Gesamtgesellschaft gefördert werden. Ein Basis-Behindertengeld, das je nach Lebensabschnitt um modulare Entgelte für die Bereiche Bildung, Arbeit, Freizeit und Kultur, Gesundheit und Ernährung, Daseinsvorsorge und Wohnen ergänzt und damit zu einer Grundabsicherung für behinderte Personen werden kann, die nach Schwere der Bedürftigkeit in ihrer Höhe gemäß festgesetzter und standardisierter Bezugsgrößen von einer federführenden Behörde bewilligt und ausbezahlt wird – diese Forderung trage ich hiermit als Vorschlag für entsprechende Änderungen an die Politik heran“, sagt Riehle abschließend.
Die Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“ ist bundesweit kostenlos für jeden Hilfesuchenden mit und ohne Behinderung unter der Webadresse www.beratung-mit-handicap.de erreichbar. Der Datenschutz und die Verschwiegenheit werden hierbei gewährleistet. Es findet lediglich eine allgemeine Sozialgesetzaufklärung statt, tiefergehende Einzelfallbewertungen sind Anwälten vorbehalten.
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