StartseiteEnergie und Umwelt28. März: Un-Krauttag und wozu es auch heute noch gut ist

28. März: Un-Krauttag und wozu es auch heute noch gut ist - PrNews24.de

Siegburg (EW). Ob Brennessel, Löwenzahn, Giersch, Spitzwegerich, Vogelmiere oder deren Gefährten – am 28. März werden sie gefeiert. Seit 2003 haben die Kräuter, Gräser und Blumen an diesem Tag ihren Ehrentag. Sie werden getreten, vergiftet, ausgerissen, aber die Un-Kräuter ernähren auch Insekten, verknüpfen Ökosysteme und Arten.

Die Freude über Tulpen und Narzissen, Schwertlilien und Hyanzinthen wird Ende März teilweise beeinträchtigt, da gleichzeitig viele überraschende und nicht erbetene Gäste aus der Erde schießen. Dabei ist es genau das Un-Kraut oder die Wildpflanze, die noch vor Blumen und Gemüse fixer Bestandteil einer gesunden Ernährung waren. Viele der Wildpflanzen dienten als Mittel zum Zweck: Sie waren nie Nahrung, sondern stets Heil- und Würzmittel.

Un-Kraut: Ein Begriff der Neuzeit

Un-Kraut ist ein Begriff der Neuzeit – früher haben die Menschen jede Wildpflanze genutzt, ob zum Verzehr oder wie das Un-Kraut zur Heilung. Und so hatte jede Pflanze ihre Aufgabe. Die Heilwirkungen der Pflanzen sind dessen ungeachtet bereits wieder neu entdeckt und in vielen Studien anerkannt worden. Die moderne Phytotherapie aus der Apotheke basiert auf der traditionellen Kräuterkunde.

Für viele Interessierte sind die mit Wildpflanzen bunt bewachsenen Felder nicht nur ein grünes Rechteck, sondern eine blühende Oase. Was nicht Wenige als Wildpflanzen oder Un-Kraut bezeichnen, sind farbenfrohe Blumen: Da sind zu nennen Gänseblümchen, Löwenzahn, Gelbstern und Schöllkraut. Auf einem Quadratmeter hier hat man circa sieben bis zehn Pflanzenarten – die meisten davon sind Un-Kraut. Der Begriff kommt aus dem Gartenbau und der Landwirtschaft, da bedeutet diese Bezeichnung alles Unerwünschte. Aber das ist eine menschengemachte Definition, denn für die heimische Pflanzen- und Tierwelt ist das wertvoll.

Schließlich begannen die Landwirte, Pflanzen zu kultivieren, anzubauen und für ihre Zwecke zu nutzen – das sind beispielsweise die sogenannten Kulturpflanzen wie beispielsweise Mais. So entwickelte sich über die Jahre eine eher monotone Weizen- und Maisfelder-Landschaft. „Allerdings sind Schottergärten und große Rasenflächen genauso wie riesige Felder mit Mais oder anderem Getreide tödlich für die Artenvielfalt“, erklärt Lisa Anschütz, Umweltpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Rhein-Sieg. Und sie ergänzt „Brennnesseln zum Beispiel dienen den Raupen von allein 23 Schmetterlingsarten als Lebensnahrung“.

Die Un-Kräuter werden mit chemischen Mitteln bekämpft

Diese Wildpflanzen werden als unerwünschter Wildwuchs zwischen den Kulturpflanzen mit chemischen, synthetischen Mitteln wie Glyphosat bekämpft. Das belastet zum Beispiel Hunde, die durch hohe Wiesen und Felder streifen extrem, und wirkt sich sehr gefährlich aus.

In unserem Ökosystem können sich im Boden und in Gewässern die verwandten Pestizide anreichern und tragen einen Großteil zum weltweiten Bienensterben bei. Pestizide können für Bienen tödlich giftig sein und durch das Ausrotten der Wildkräuter wird ihnen eine wichtige Nahrungsgrundlage entzogen.

Un-Kraut oder Wildpflanzen sind Nahrung und der Lebensraum vieler Wildtiere, doch auch Nützlinge und Insekten sind gerade im Vorfrühling, sobald die allerersten Blüten sich zeigen, diese die Energielieferanten für Hummeln und Bienen. Die bekannte Brennnessel zeigt zum Beispiel, ob ein Boden sehr stickstoffreich ist. Und die rote Taubnessel wächst auf gedüngten oder schwefelhaltigen Feldern und Wiesen. Sie zeigt demnach an, wenn ein Boden mit Schadstoffen belastet ist.

Viele dieser Wildpflanzen oder Un-Kräuter lassen sich in der Tierheilkunde zur Herstellung von Rezepten verwenden – gerade für den täglichen Gebrauch zur Unterstützung bei der Heilung kleinerer Verletzungen und Erkrankungen.

Heimische Wildkräuter gelten als Lieferanten wichtiger Mineralstoffe

Die heimischen Wildkräuter galten früher wie heute als Lieferanten wichtiger Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine und Mikroorganismen. Viele der Kräuter wurden lange als Gemüse gegessen und gehörten in die alltägliche Küche. Nach dem Krieg wurden einige der Kräuter, die auch heute noch verwendet werden, als „Arme-Leute-Essen“ bezeichnet. Viele Menschen konnten sich kein teures Getreide, Kartoffeln oder Fleisch leisten.

Gesund sind die heimischen Kräuter so oder so – sie enthalten sehr viel mehr Kalium, Kalzium, Eisen und Vitamin-C als Gemüse und Obst aus dem Supermarkt; denn aus ihnen sind viele gesunde Pflanzenstoffe wie beispielsweise Bitterstoffe heraus gezüchtet worden.

Insgesamt darf man trotzdem sagen:  „Un-Kraut“ wird systematisch vernichtet. Es stört die meisten Hobby-Gärtner und Landwirte auf ihren Beeten und Feldern. Gegen Pestizide haben Wildpflanze oder Un-Kraut keine Chance. Dabei wird auch der Lebenslauf von heimischen Tierarten zerstört. Viele Tiere kommen in die Städte, da draußen in der Landschaft nichts mehr zu finden ist. Bei einigen Pflanzen- und Tiergruppen gibt es sogar in den Städten inzwischen eine größere Artenvielfalt als in der freien Natur. Ist die Großstadt tatsächlich das letzte Refugium für viele Arten? Es scheint absurd, aber es ist Realität.

Heute, am Tag des Unkrauts, lohnt es sich, einmal einen versöhnlichen Blick in den Garten zu werfen oder auf wenig gepflegte Grünflächen. Vielleicht wächst der Löwenzahn da, um einen wartungsfreien Kräutergarten anzubieten. Vielleicht macht er auch aufmerksam: Beharrlichkeit und Widerstandsfähigkeit zahlen sich aus, wenn man seinen Standort behaupten will. Dass man sich dabei nicht bei allen beliebt macht, ist die Nebenwirkung.

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