Bislang wurde die Grundsteuer in allen europäischen Völkern relativ niedrig gehalten. Dies ändert sich nun mit der relativ willkürlichen Erhöhung der Grundsteuer durch die Gemeinden und Städte.
Damit ist der Konflikt, der zwischen dem absolutistischen Wesen des kapitalistischen Eigentums und den rudimentär erhalten gebliebenen Zügen eines mittelalterlichen Lehnswesens existiert, kein noch einfach hinzunehmender Konflikt mehr.
Jedes Tier hat von Natur aus ein natürliches Besitzrecht auf ein Stück Grund und Boden. Dieses natürliche Besitz- bzw. Besetzungsrecht betont das Tier durch eine „Markierung“, seines Reviers, die etwaige Konkurrenten warnt, dass das Land bereits besetzt ist und verteidigt wird. Dieses natürliche relative Besitzrecht hat der Mensch für eine Stabilisierung der kapitalistischen Kreditwirtschaft durch ein übernatürliches Eigentum ergänzt. Der Unterschied zwischen Eigentum und Besitz wird vor allem anhand des Kfz.-Briefes deutlich, der das Eigentum an einem Fahrzeug anzeigt. Dadurch kann der heutige Mensch seinen Fahrzeugbrief als Sicherheitspfand für eine Kreditaufnahme einsetzen, um sich z. B. noch ein Motorrad zu kaufen. Sein Auto muss er dazu nicht, wie dies beim traditionellen Tauschgeschäft der Fall ist, hergeben, sondern kann es mit dem Kfz.-Schein weiter fahren.
Das Eigentum kann daher als eine absolutistische rechtliche Zuschreibung eines Besitztums verstanden werden, das der Mensch beleihen kann. Diese Konstruktion des kapitalistischen Kreditgeschäfts lässt sich nur durch ein entsprechendes übernatürliches Staatsrecht realisieren, damit das absolutistische Eigentumsrecht grundsätzlich eine höhere rechtliche Durchsetzungskraft hat als das relative natürliche Besitzrecht. Daher gilt auch heute noch in allen kapitalistischen Staaten die Rechtsprechungs-Grundlage: „positives Recht vor natürlichem Recht“, wobei das positive Recht als ein übernatürliches, willkürlich gesetztes Recht zu verstehen ist. Diese Rechtsprechungs-Grundlage haben bereits die Römer eingeführt, um ihre zahlreichen Sklaven in die täglichen Rechtsgeschäfte einbinden zu können.
Indem die Länder und Gemeinden heute dazu übergehen, das mit der Grundsteuer beibehaltene rudimentäre Lehnswesen so zu intensivieren, dass die Grundsteuer existenziell relevant wird, bringen sie das kapitalistische Systemkonzept in Bedrängnis. Das Eigentum definiert sich im kapitalistischen Staat als ein absolutistisches Recht, was auch auf das Eigentum an Grund und Boden zutrifft. Daher verstößt die Grundsteuer grundsätzlich gegen die Wesensart des Eigentums, wodurch sich die Frage stellt, ob denn der Staat und der Privateigentümer gleichzeitig ein Eigentumsrecht am Grund und Boden geltend machen können. Eigentum muss aufgrund seiner Definition eindeutig sein, damit es seine Sicherheits-Funktion für einen Kreditvertrag erfüllen kann. Der Kreditgeber ist in der Regel nur bereit, einen Kredit zu geben, wenn das als Sicherheitspfand eingesetzte Eigentum eindeutig und frei von unvorhersehbaren Ansprüchen anderer ist. Es stellt sich daher die Frage, inwiefern die Rechte, die die Städte und Gemeinden auf den Grund und Boden in Form einer Grundsteuer geltend machen, das Kreditwesen beeinträchtigen, sobald es sich bei der Grundsteuer nicht länger nur um eine Bagatellsteuer handelt.
Ein als Kreditsicherheit einsetzbares Eigentum setzt voraus, dass auch der Staat nicht einfach darauf zugreifen kann. Ist dies dennoch der Fall, dann gerät der kapitalistische Staat, der das Eigentum für das Funktionieren des Kreditsystems in einer besonderen Weise schützen und absichern muss, in einen inneren Widerspruch. Dies gilt auch für den Fall, dass sich die Grundsteuer von einer noch zu verschmerzenden Bagatellsteuer in eine einschneidende Steuer verwandelt. Ein solches Vorgehen kommt der Einführung eines brisanten Lehnswesens gleich, das zwangsläufig das absolutistische Wesen des Eigentums relativiert.
Das Lehnswesen ist zu Beginn des Mittelalters im Frankenreich entstanden, wobei der König das gesamte Königreich in der Art eines absolutistischen Eigentums vereinnahmt hat. Das ihm dadurch entstehende Ausbeutungsrecht für alle natürlichen Schätze des Reiches wurde gegen eine festgelegte Gegenleistung auf den Groß- und Kleinadel übertragen. Der Adel wiederum hielt sich bei den Handwerkern und Bauern durch die übertragenen Lehnsrechte schadlos. Durch die Betrachtung dieser Ordnung wird einsehbar, dass die Kulturen auch heute noch auf die staatliche Gebietshoheit des mittelalterlichen Lehnswesens bauen, um eine Grundsteuer zu erheben. Ein großer Teil der heutigen Amtsträger und Beamten ist sich jedoch nicht im Klaren darüber, dass sie mit einer drastischen Erhöhung der Grundsteuer die Grenze für dieses bislang rudimentäre mittelalterliche Lehnswesen überschreiten.
Notwendig untergräbt das Überschreiten dieser Grenze das durch die neoliberale Agenda der letzten 20 Jahre bereits geschwächte Sicherheitsempfinden des heutigen Menschen. Ein solches Sicherheitsempfinden ist jedoch wichtig, damit der Mensch den Staat weiterhin auf seinen Schultern tragen kann.
Eine weiterführende Beschäftigung mit der Konstitution des modernen Staates ermöglichen die Bücher: „Die Geschichte der kulturellen Fehlentwicklung“ und „Die Befreiung von der Standeskultur“ Das Inhaltsverzeichnis und einen Leseauszug der Bücher finden Sie auf den Internetseiten: www.die-geschichte-der-kulturellen-fehlentwicklung.de und www.die-befreiung-von-der-standeskultur.de
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