Studierende der Hochschule Reutlingen entwickeln integrierbaren Bewegungstrainer für Rollstühle
Einen vollkommen neuen Rollstuhl der die Bewegungsarmut der betroffenen Menschen ausgleicht und damit gegen die Folgen der Bewegungsarmut vorbeugt haben jetzt Studierende des Studiengangs Maschinenbau entwickelt. Die Idee dazu lieferte Professor Sven Steddin vom Studiengang Medizinisch-Technische Informatik.
Menschen die auf den Rollstuhl angewiesen sind, so die Beobachtung von Professor Steddin, leiden häufig unter den Folgen der andauernden Bewegungslosigkeit der unteren Extremitäten wie :
Muskelschwund
Versteifung von Gelenken
Durchblutungsstörungen
Probleme mit der Haut (Druckstellen, bis hinzur Bildung von Wunden)
Kreislaufprobleme
Verdauungsprobleme, verursacht durch Bewegungslosigkeit im Unterleib
Für die betroffenen Rollstuhlfahrer ist die Therapie dieser Folgeerscheinungen oft sehr aufwendig „Gerade für Rollstuhlfahrer ist es ja nicht immer einfach Besuche bei Therapeuten wahrzunehmen, weil sie nicht so mobil sind wie normale Patienten“, so Seven Steddin. Dem engagierten Professor der Medizinisch-Technischen Informatik kam so die Idee zu dem vollkommen neuen Rollstuhl, der die entsprechende Bewegungsarmut mit einem Bewegungstrainer direkt am Rollstuhl ausgleicht und so die Therapie überflüssig macht.
Um aus der Idee einen Prototypen zu entwickeln, wandte sich Steddin an die Kollegen der Fakultät Technik. Unter der Leitung der Professoren Dr.-Ing. Steffen Ritter und Dr.-Ing. Paul Wyndorps entwickelten dort in einem internen Wettbewerb elf Studententeams des Studiengangs Maschinenbau verschiedene Prototypen des Bewegungstrainers, die als Nachrüstsatz oder direkt bei der Herstellung in marktübliche Rollstühle integriert werden können. Projektpartner ist die medica Medizintechnik GmbH aus Hochdorf in Oberschwaben.
Gewinner des Wettbewerbs war am Ende das Projektteam „Steukamo“. Die Studenten Lars Euchner, Patrick Kaupp, Maximilian Mohr und Marius Strohmaier konnten in ihr Produkt sogar noch eine Erweiterung integrieren. Weil die Anmeldung zum Patent aussteht, bleiben die technischen Details noch geheim.
Praktische Unterstützung erhielten die Studierenden von Nicolas Menschenmoser. Durch einen Unfall sitzt er seit 12 Jahren im Rollstuhl. „Ich konnte den Studierenden viele Hinweise geben, was es bedeutet, wenn man sich eingeschränkt oder gar nicht mehr bewegen kann. Vielen Menschen ist nicht klar, dass es nicht nur darum geht, seine Beine oder andere Körperteile nicht mehr frei bewegen zu können. Um körperlich und geistig aktiv zu bleiben und um einem Bewegungsmangel entgegenzuwirken, muss der Körper in Schwung gebracht werden“, so Menschenmoser. „Orts- und der Positionswechsel stellen für Rollstuhlfahrer Hürden dar und verringern die Möglichkeiten und oft auch die Motivation zu trainieren. Deshalb ist dieser am Rollstuhl integrierbare Bewegungstrainer echt eine Revolution“, freut sich Menschenmoser.
Eine Sichtweise, die auch die Studierenden des Projekts begeistert und motiviert hat. Janina Bauer: „Das Spannende ist, dass es so viele Menschen gibt, die im Rollstuhl sitzen und die Zielgruppe, der wir helfen können, dadurch so groß ist. Trotz der mangelnden Erfahrung im Medizinbereich ist es sehr spannend, ein Produkt zu entwickeln, das in ein paar Jahren realistisch zum Einsatz kommen könnte. Man lernt dabei ganz neue Denkweisen und in der Gruppenarbeit mit vielen unterschiedlichen Charakteren zielorientiert zu arbeiten.“
Lob für das Konzept und die Projektergebnisse gab es auch von den beteiligten Professoren der beiden Fakultäten. „Hier werden nicht nur Noten verteilt, sondern über ein ganzes Semester hinweg vom Projektpartner und von den Professoren offenes und konstruktives Feedback gegeben, die weit über die Grenzen des eigenen Studienschwerpunktes hinaus gehen“, so Sven Steddin. Professor Paul Wyndorps, der diese Form der Projektarbeit vor 15 Jahren entwickelt hat, ist von dem Konzept ebenfalls überzeugt: „Das ist es, was die Lehre an der Hochschule ausmacht. Über den Tellerrand blicken, gemeinsam an Zielen arbeiten und vor allem praktische und sinnvolle Innovationen entwickeln, die einen echten Nutzen haben.“ Dieses Lehrformat bereitet die Studierenden im Sinne einer zeitgemäßen Ingenieurausbildung auf ihren Berufsalltag vor.
Wie praxisnah die Entwicklungen der Studierenden sind, bestätigte auch Otto Höbel, technischer Geschäftsführer von medica. „Es gab bereits zuvor Ansätze, Trainingsgeräte in Rollstühle zu integrieren. Diese schränkten aber den Nutzerkreis, die Antriebsart des Rollstuhls oder den Zeitpunkt der Nutzung sehr stark ein. Wir sind begeistert und beeindruckt von den Möglichkeiten, die uns die Projektteams sehr professionell präsentiert haben“, so Höbel. Auch Steddin als Ideengeber ist begeistert: „Es entstanden nicht nur Vorschläge zur Umsetzung des bereits von der Hochschule angemeldeten Patents, sondern darüber hinaus weitere Ideen zu Trainingssystemen, die noch zusätzliche therapeutische Maßnahmen ermöglichen und daher ebenfalls patentiert werden sollten.“ Dies ist ein Musterbeispiel, wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen zwei Fakultäten der Hochschule und der Wirtschaft Früchte tragen kann.
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