Ein Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser ihm in dem zu erteilenden qualifizierten Zeugnis für die geleistete Arbeit dankt und für die weitere berufliche und private Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch die Verweigerung der Schlussformel schädigen will.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, 02.04.2019 – 2 Sa 187/18-
(Leitsatz der Verfasserin)
Der Kläger war bei der Beklagten als Netzwerk-Infrastruktur-Manager beschäftigt. Nach einer Kündigung kam es Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht zu einem Prozessvergleich. Darin verpflichtete sich die Beklagte u.a., dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Das dem Kläger daraufhin erteilte Zeugnis endete mit folgendem Satz: „Herr A. verlässt unser Unternehmen mit dem 31.03.2014 aus betriebsbedingten Gründen.“
Der Kläger forderte die Änderung des Zeugnisses. Außer einer anderen Darstellung des Inhalts seiner Tätigkeit verlangte er, dass die Beklagte das Zeugnis um folgenden Satz ergänzt: Wir danken ihm für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die weitere berufliche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Mit seiner Berufung hatte der Kläger vor dem LAG hinsichtlich der von ihm gewünschten Schlussformel Erfolg.
Nach § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken. Das BAG folgert daraus in ständiger Rechtsprechung, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Aufnahme einer solchen oder ähnlichen Schlussformel in sein Zeugnis hat. Denn es handele sich dabei weder um eine Leistungs- noch um eine Verhaltensbeurteilung. Richtig sei zwar, dass positive Schlussformeln in einem Zeugnis die Bewerbungschancen eines Arbeitnehmers erhöhen könnten. Das ändere aber nichts daran, dass keine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers bestehe. Auch aus § 109 Abs. 2 GewO ergebe sich dies nicht. Nach dieser Bestimmung muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein und darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Danach ist u.a. die Verwendung von Codes verboten. Jedoch enthält § 109 Abs. 2 GewO keine Regelung über eine Schlussformel.
Auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern geht davon aus, dass grundsätzlich keine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, eine positive Schlussformel in ein Zeugnis aufzunehmen. Im Einzelfall kann sich nach der Entscheidung ein solcher Anspruch aber aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB („Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten“) ergeben. Die Verweigerung der Schlussformel, so das LAG, berühre das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber zeige damit, dass er dem Arbeitnehmer gegenüber jedenfalls zum Schluss der Zusammenarbeit hin nicht mehr den Respekt und die Wertschätzung entgegengebracht habe, die für das gute Gelingen des Arbeitsverhältnisses erforderlich sei. Wegen der überragenden Bedeutung des Zeugnisses für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers wiege das Arbeitgeberinteresse, das Zeugnis ohne Schlussformel zu erteilen, vergleichsweise gering. Wenn der Arbeitgeber dem Wunsch des Arbeitnehmers lediglich aus Verärgerung nicht nachkomme und es ihm nur um dessen Schädigung gehe, verdiene dies keinen Schutz.
Dem LAG lagen Schreiben der Beklagten vor, aus denen es folgerte, dass die Beklagte ein Zeugnis erstellen wollte, das den Kläger bei zukünftigen Arbeitgebern bloßstellt. Das rechtfertigt es nach seiner Auffassung, die Beklagte zur Erteilung der gewünschten Schlussformel zu verurteilen.
Fazit:
Obwohl das Fehlen einer positiven Schlussformel im qualifizierten Zeugnis im Regelfall von Arbeitgebern negativ beurteilt wird, hat der Arbeitnehmer nur in seltenen Ausnahmefällen Anspruch darauf, dass ihm im Zeugnis für die geleistete Arbeit gedankt und ihm alles Gute und Erfolg für die Zukunft gewünscht wird. Im Allgemeinen wird ein Arbeitnehmer nicht beweisen können, dass der Arbeitgeber den Dank und die guten Wünsche nur verweigert, um ihm bei zukünftigen Bewerbungen zu schaden. Im Rahmen von Verhandlungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sollten Arbeitnehmer und ihre Bevollmächtigten daher ihr Augenmerk auch auf die Schlussformel im Arbeitszeugnis legen und darauf achten, dass die Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder der Prozessvergleich eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers (voller Wortlaut) enthält.
Ingrid Heinlein, Vors. Richterin a. LAG a.D., Rechtsanwältin
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