Das System der gegenseitigen Bewertung in Form von einfachen sofortigen Feedbacks ist vor allem im angelsächsischen Raum beliebt, beginnt jetzt aber auch bei uns immer mehr Fuss zu fassen. Jederzeit kann man Rückmeldungen zu Arbeiten oder Leistungen geben.
Überzeugt ein Kollege mit einer kompetenten Präsentation, so kann man einen Dankeschön-Button drücken (es existieren diverse Online-Applikation, welche das Echtzeit-Feedback unter Mitarbeitenden ermöglichten, mehr dazu unten) und dabei ein Lob aussprechen und den Nutzen und die Qualität der Präsentation bewerten und kommentieren. Oder die Gewinnung eines Grosskunden wird vom Verkaufsteam und der Geschäftsleitung sofort mit einem Glückwunsch und Dankeschön bewertet und anerkannt.
VERVIELFACHUNG DES IMPACTS VON ANERKENNUNG
Dies ist eine in der Unternehmenspraxis gemachte Erfahrung: Die Motivationswirkung des Sofort-Feedbacks ist besonders stark, da sich der Impact einer Anerkennung vervielfacht. Es gibt Unternehmen, die gesammelte Punkte und Bewertungen mit Bonusauszahlungen koppeln oder mit Gutscheinen honorieren, die mit Bewertungspunkten korrelieren, und dieses Instrument der gegenseitigen Selbstbeurteilung zu Zielvereinbarungen und Jahresqualifikationen hinzunehmen.
Wird das System auch als Kritik-Feedback und Verbesserungsmöglichkeit genutzt, isst zudem ein permanenter, die selbstverantwortliche Lernkultur fördernder Lerninput möglich oder eine interessant kommentierte Bewertung mit einer zusätzlichen Idee, ein vertiefendes Gespräch oder gar die Weiterführung einer Innovation auslösen. Unbestreitbar wird sowohl das Leistungsbewusstsein als auch das Leistungsprinzip mit Sofort-Feedbacks dauerhaft gestärkt.
DAS EFOLGSREZEPT: FEEDBACK VON VIELEN
Ein halbes Jahr und länger auf Feedback aus Zielvereinbarungen, Jahresgesprächen und Qualifikationen zu warten, ist oft demotivierend – zumindest bei Unternehmen, die sich nicht unbedingt durch eine starke Kultur des Anerkennungs-Feedbacks auszeichnen. Da mit diesem System die Bewertung sehr schnell und auch noch breit abgestützt erfolgt und je nach System von Hunderten von Mitarbeitern sichtbar ist, wird Mitarbeiterbeurteilung auf diese Weise wesentlich stärker auch zu einem Motivationsinstrument, das zudem recht glaubwürdig ist.
SOFORT-FEEDBACK FÖRDERT DIE ENTWICKLUNG
Ein Sofort-Feedback fördert die Entwicklung und den Erfolg des Mitarbeiters, weil das Qualifikationsgespräch anders ausfällt: Es wird zu zeitnahem, spezifischem, strukturiertem und direkt anwendbarem Feedback, dank dem der Mitarbeitende sich stetig verbessern kann und jederzeit weiss, ob und wie er die Leistungserwartungen und allfällige Zielvereinbarungen erfüllt. Der Vorteil für Vorgesetzte liegt darin, dass sie sich stärker auf das Coaching für Mitarbeitende fokussieren und somit deren Leistungen permanent verbessern können. Feedback hilft auch, eine ehrliche, konstruktive und offene Feedback-Kultur zu etablieren und die Kommunikation als Ganzes zu fördern. Mit wenigen Klicks können Mitarbeiter Feedback zum eigenen Verhalten einfordern oder zu einer Person, Besprechung oder Umfrage abgeben.
AGILITÄT IM PERFORMANCE MANAGEMENT
Auch Entwicklungspotenziale und Talente von Mitarbeitern lassen sich schneller erkennen und können auch wesentlich gezielter adressiert werden. Auch für das HR und Mitarbeiter wird der aktuelle Entwicklungsfortschritt transparenter und nachvollziehbarer. Zudem ist Sofort-Feedback auch Ausdruck besonderer Agilität im Performance Management und in der Kommunikation, da schnell und flexibel kommuniziert und ebenso Veränderungen und Optimierungsvorschläge schneller realisiert werden können.
GEFAHREN UND NACHTEILE
Allerdings hat die Methode der „Mitarbeiterbeurteilung von unten“ auch einige Nachteile, denen man sich bewusst sein sollte. Leistungsschwächere Mitarbeiter können mit diesem „Gefällt-mir-Button-System“ schnell einmal blossgestellt werden oder sich gekränkt und auf Dauer benachteiligt fühlen. Manipulationsgefahren im Stil von „Lobe mich, so lob ich dich“ bestehen ebenfalls, abgesehen davon, dass auch Sympathiepunkte von effektiven Leistungspunkten zuweilen schwer auseinanderzuhalten sein dürften.
Zudem wirken sich fehlende, häufig mangelhafte oder gar schlechte Bewertungen negativ auf die Motivation etlicher Mitarbeiter aus und können einen nicht zu unterschätzenden Leistungsdruck ausüben. Und ob die Weisheit vieler gilt, wenn es darum geht, komplexe Leistungen mit der notwendigen Fachkompetenz, gebotener Objektivität oder spezifischem Know-how zu beurteilen, kann oder muss zuweilen wohl auch bezweifelt werden.
VORAUSSTZUNG: GUT FEEDBACK- UND KOMMUNIKATIONS-KULTUR
Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz dieser Methode ist vor allem eine ausgeprägte Feedbackkultur und die entsprechende Unternehmenskultur. Ist aber eine solche vorhanden, herrscht generell eine positive und auf Respekt und Wertschätzung basierende Unternehmenskultur, besteht ein gut entwickeltes Motivationsniveau und werden noch andere Bewertungsinstrumente eingesetzt – allen voran persönliche Gespräche – , ist diese Methode durchaus interessant. Natürlich gehört auch das Face-to-Face Feedbackgespräch nach wie vor dazu, um den wichtigen Dialog zu führen, den Puls genauer messen zu können und auch tiefer auf bestimmte Themenbereiche eingehen zu können. Dies gilt vor allem für Probleme, Fördergespräche, Zielvereinbarungen und die Personalentwicklung. Mehr dazu hier: Feedbackregeln: 20 erfolgserprobte Beispiele guten Feedbacks
CHECK-INS – DAS FLEXIBLE FEEDBACK
Als Face-to-Face Feedbackgespräche sind vor allem in kurzen Intervallen, oft quartalsweise, stattfindende Feedback-Gespräche geeignet. Sie haben den Vorteil, dass viel zeitnaher und im Sinne der Sofort-Feedbacks auch häufiger beurteilt wird und so Leistungsprobleme schneller und auf aktuellen Ereignissen beruhend gelöst werden und Mitarbeiter aktueller wissen, wie ihre Leistung beurteilt wird und wo sie stehen. Dies gilt ebenso für die Talenterkennung und Förderung und verstärkt die Motivationswirkung, da spezifisches, strukturiertes und direkt anwendbares Feedback Leistungen auch wesentlich nachhaltiger bewusst macht und optimiert.
Das Sofort-Feedback auf Knopfdruck allein garantiert noch keine gute Bewertungsqualität – dafür sind nach wie vor sozialkompetente und förderungswillige Führungskräfte ausschlaggebend, welche Sofort-Feedback auch entsprechend verwerten können und es vor allem auch als Motivationsinstrument zu verstehen, sprich zu kommunizieren wissen.
Denkbar sind situations- und fall- bzw. projektbezogene Bewertungen, teilweise anonymisierte Verfahren und/oder nur der Zugriff selektierter Führungskräfte auf Feedbackresultate, was erwähnte Nachteile und Risiken reduzieren würde. Übrigens: Zur Realisierung ist kein ausgeklügeltes Netzwerk-Softwaresystem notwendig, eine einfache Pinnwand oder bestehende Werkzeuge können besonders in Kleinbetrieben auch genügen.
DAS BUCH ZUM THEMA
Dieser Beitrag stammt aus untenstehendem Buch. Es bietet nebst Hintergrundinformationen wie die obige zu neuen Trends im Performance Management auch vielseitiges und breit gefächertes Praxis-Know-How zur Mitarbeiterbeurteilung mit vielen Vorlagen wie Befragungsbögen, Beurteilungsraster, Beurteilungsgespräche und Arbeitshilfen – auch auf CD.
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Robert Müller
Systematische Mitarbeiterbeurteilung und Zielvereinbarungen
Umfang: 300 Seiten
Erschienen im PRAXIUM-Verlag, Zürich
6. Auflage 2017
Mit CD-ROM und vielen Mustervorlagen und Formularen
ISBN 978-395227-12-54
PRAXIUM ist ein Fachverlag mit Sitz in Zürich und bietet seit über 10 Jahren praxisbezogene und umsetzungsorientierte Fachinformationen für HR-Praktiker, Geschäftsführer und Führungskräfte an. Seine Werke zeichnen sich durch kompakte und anwendungsorientierte Informationen und CD-ROM’s aus, welche die Übernahme in die Praxis mit vielen Vorlagen und MS OfficeTools zusätzlich erleichtern. Das Sortiment umfasst über 40 Titel, welche online und im stationären Buchhandel im gesamten DACH-Raum erhältlich sind.
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